Montag, 14.08.2023
Im Gegensatz zum lauen, sternenklaren Abend gestern, war es heute Morgen bewölkt und kühl. Also wurde drinnen gefrühstückt und auch mal wieder die Heizung genötigt, was zu tun. Bei unserer Abfahrt kam die Sonne raus und so war der Hodoo Viewpoint mit Blick auf das Bow River Valley, den Mount Rundle und die kleine Ansammlung von Gesteinsskulpturen doch schön anzuschauen. Wir hatten sogar von hier einen guten Blick auf das nostalgische Luxushotel The Fairmont Banff Spring, das 1888 von der Canadian Pacific Railway Company errichtet wurde. Es war lange Zeit das beste Hotel in Westkanada und bietet auch noch heute feinen Afternoon Tea an.
Wir haben uns nun endgültig von den Rocky Mountains getrennt und gefühlt im Handumdrehen waren wir in der platten Prärie und in Calgary. Kaum zu glauben, dass es auf knapp über 1.000 Meter liegt und im Sommer vorwiegend trockenes, sonnig-warmes Wetter hat. Wir haben einen besonders heißen Tag erwischt, aber das hat uns nicht von einer Erkundungstour durch die Stadt abgehalten. Calgary ist immer noch von den Olympischen Winterspielen 1988 bekannt. Außerdem findet hier jährlich die Greatest Outdoor Show on Earth statt, das Calgary Stampede. Leider ist dieses große Rodeo schon immer im Juli.
Wir haben am McHugh Bluff Park geparkt und sind über die Bow River Brücke in den Park auf Prince‘s Island und dann direkt nach Downtown gelaufen. Besonders in Calgary sind die Elevated Walkways. Das sind Fußgängerwege in 15 Fuß Höhe, die einen Großteil der Gebäude miteinander verbinden. Sie führen mitten durch die Gebäude und über verglaste und offene Straßenbrücken. Wir sind einmal quer durch die Fußgängerzone gelaufen. Calgary hat in diesem Bereich viele der alten, kleinen Gebäude erhalten und gut gepflegt. Daneben stehen die höchsten Wolkenkratzer West-Kanadas und der Calgary Tower von 1968. Besonders beeindruckt hat uns The Bow mit seiner Stahl-Skulptur im Hof. Der Kopf sieht von jeder Position anders aus.
In Calgary sind die C-Trains, die entlang der 7th Ave in Downtown kostenlos verkehren, sehr praktisch. Mit einem davon sind wir die komplette Strecke wieder zum Ausgangspunkt zurück gefahren. Drinnen war es schön kühl und hat unsere müden Knochen von der gestrigen Wanderung geschont. Man merkt es meistens nicht, aber bei so einem „Stadtbummel“ kommen ganz schnell zehn Kilometer zusammen.
Für die nächsten zwei Nächte haben wir uns den Wheatland Shores Campground am Eagle Lake knapp 70 km östliche von Calgary raus gesucht. Ganz ungewohnt, wenn man an einen Platz kommt und noch so viel frei ist. Die Begrüßung war extrem nett und wir konnten uns auf jeden Platz stellen, egal ob mit oder ohne Strom. Wir haben unseren Platz nach der Möglichkeit für die Hängematte ausgesucht… Jetzt haben wir einen großen Baum mit viel Schatten neben uns und einen weiten Blick über den leeren Campground auf den See. Leider ist der See nicht wirklich brauchbar. Es gibt aktuell Blau-Algen und der Wasserstand ist extrem niedrig im Uferbereich. Die Wasser-Vögel finden es klasse – die stiefeln hier bis zu 10-20 m in den See rein im seichten Wasser. Und die Kühe auf dem Feld nebenan kommen auch direkt ans Wasser. So ist der heiße Wind über die Prärie auch für sie viel besser zu ertragen.
Abends ging die Sonne glutrot hinter dem See unter und mit der Dunkelheit sind die Lichter von Strathmore aufgetaucht. Unser Nachbar hat noch bis um neun seine Country Music-Sendung im Radio angehört und dann war auch Ruhe.
Dienstag, 15.08.2023
Tja, die anstrengenden Tage und das frühe Aufstehen wollten mal ausgeglichen werden. Heute gab es keinen Wecker und so kamen wir erst um 11 Uhr zum Frühstücken. Das hat nach herzhaftem Frühstück geschrien: Baked Beans, Spiegeleier, Bacon und getoastete Brötchen.
Anschließend haben wir den ganzen Tag die Ground Squirrels in unserer Umgebung beobachtet. Die sind zu putzig! Und teilweise auch wirklich neugierig und ohne Scheu. Eines davon hat sich sogar an unserem Grill hochgezogen und fand den Bacon-Geschmack wohl besonders lecker.
Die Reichweite war heute zwischen Liegestuhl, Hängematte und Tisch. Das Ganze bei trockenen knapp 30 Grad mit ständigem Wind. Abends gab es wieder einen schönen Sonnenuntergang und da haben wir es auch mal bis zum See runter geschafft ☺️
Mittwoch, 16.08.2023
Quer durch die Prärie ging es zurück auf den TCH 1. Und dann immer weiter nach Osten. Die Prärie ist meist topfeben und es gibt eigentlich nur Felder. Aktuell wird viel Weizen geerntet. Die riesigen Maschinen fahren manchmal zu dritt nebeneinander über die riesigen Felder und die langen, schweren Trucks stehen zum Abtransport bereits direkt auf dem Feld.
Später kamen auch viele Weiden mit Rindern dazu und es gab die ersten Ölförderanlagen. Alberta ist ein reicher Staat aufgrund des vielen Öls, das hier scheinbar fast überall aus dem Boden blubbert.
In Medicine Hat haben wir unsere Lebensmittelvorräte aufgefüllt und wurden auf dem Parkplatz von einem deutschen Weltenbummler angesprochen. Er war vermutlich so Anfang dreißig und ist seit 2019 „unterwegs“. Aktuell arbeitet er in der Prärie. Aber nicht in der Landwirtschaft, sondern er ist ein Türklopfer (Door Knocking) und verkauft vermutlich alles, was man eigentlich nicht braucht oder will 🤪Harter und undankbarer Job für die Freiheit!
Wir sind noch bis in die Provinz Saskatchewan gefahren und haben in der Nähe von Maple Creek heute Abend einen Platz auf dem Eagle Valley Park Campground direkt neben dem TCH 1. Auch hier weht der heiße Prärie-Wind und wir können von den Campingstühlen aus die bunten Truck-Lichter vorbeisausen sehen. Dabei hätte es hier an der Rezeption, die etwas ausschaut wie eine Hacienda, auch einen Indoor-Pool, eine Bar und einen netten Innenhof gegeben. Doch vorhin war der Bedarf an einem Haircutter extrem hoch und anschließend war die Dusche Abkühlung genug.
Donnerstag, 17.08.2023
Die Nacht direkt am TCH war überraschend ruhig und es hat tatsächlich den Wecker zum Aufwachen gebraucht. Unser erster Stop in Richtung Osten und auch Wegpunkt war Swift Current. Hier haben wir im Canadian Tire mal die Bedürfnisse des Wohnmobils gestillt: ein wenig neues Motoröl aufgefüllt, eine Gallone Wischwasser und eine neue Gasflasche.
Und dann ganz außergewöhnlich ging es in Richtung Süden auf der #4. Hier sind wir an Ortschaften wie Blumenhof oder Blumenort vorbeigekommen. Wobei, das waren nicht wirklich Orte, sondern tatsächlich eher Höfe. Der TCH war ja schon teilweise ermüdend, aber diese endlos sichtbare zweispurige Straße bis zum Horizont macht einen fast ein bisschen fertig. Dazu kam, dass ständig Viecher gegen unsere Windschutzscheibe und die komplette Front geknallt sind. Später mussten wir feststellen, dass wir wohl Hunderte von Heuschrecken vernichtet haben und der Nexxo vorne mehr gelb als weiß war.
In Val Marie, dem letzten Ort vor der Grenze zu Montana/USA sind wir abgebogen und einige Kilometer später haben wir den Zugang zum West Block des Grasslands National Park passiert. Ab hier war nur noch Schotterstraße durch die baumlose Prärie angesagt, insgesamt 22km. Gleich am Anfang hat uns eine Kolonie Prairie Dogs begrüßt. Die sehen eigentlich fast genau so aus wie die Pikas oder Ground Squirrels, sind allerdings doppelt so groß wie Letztere und haben eine schwarze Schwanzspitze. Der Park ist der einzige Ort in Kanada, in der sie in ihrer natürlichen Umgebung leben. Doch wir waren eigentlich vorwiegend wegen der frei lebenden Bisons hier… Doch zuerst hatten wir mal Glück, dass vor uns zwei Park-Mitarbeiter mit schwerem Gerät fuhren, die die Gravel Road schön platt gemacht haben. Auf der Hälfte der Strecke zum Frenchman Valley Campground haben sie uns dann vorbei gelassen. Wenn wir übermorgen fahren, ist der Weg zurück vermutlich komplett fertig.
Der Campground liegt zwischen zwei Hügelketten auf einer einsamen Fläche und ist wegen der Bisons und Antilopen (Pronghorn Antelope) eingezäunt und mit einem Texas Gate gesichert. Der Zaun besteht aus Holzbalken und hält die kleineren (Kojoten, Klapperschlangen) und ganz kleinen Tiere (Schwarze Witwen Spinnen) jedoch nicht ab. Doch auch die Tiere kann es hier erwischen: in unserer Einfahrt liegt ein ziemlich plattes Ground Squirrel. Die anderen hüpfen noch fröhlich durch die Gegend und bevorzugen die Räder der Autos und deren Motorräume. Bei uns bekommen sie durch die eingebaute Marderanlage womöglich bei dieser Erkundungstour einen ordentlichen Elektroschock
Als wir hier angekommen sind, dachten wir: „Ok, hier gibt es irgendwie nichts. Was machen wir hier!?“ Es gibt schon was: viel heißen, trockenen Wind, fast schon Sturm und normale Fliegen die einem ganze Fleischstückchen aus der Haut beißen oder kaum sichtbare Flöhe, die ebenfalls unangenehm beißen. Letztere haben wir nach Empfehlung des Nationalpark-Guides mit einem DEET-haltigen Repel von uns abgehalten. Wir haben uns so dick mit unserem OFF! eingesprüht, dass anfangs auch die Fliegen nimmer an uns ran sind.
Von den Park-Broschüren haben wir viel gelernt über die Tiere im Park, die verschiedenen Gräser, Dark Sky Preserve, frühere Bewohner dieses Gebiets und fossile Funde. Die Parkmitarbeiterin auf dem Campground hatte leider keine Ahnung. So ist das mit den jungen Hilfskräften, die das Geld brauchen!
Der Wind lässt gegen Abend nach und dann wird es ruhig. Ok, die Kojoten haben bei einsetzender Dunkelheit mal eine Weile kurz gejault, aber wir haben keine gesehen und es wurde auch wieder still. Der Himmel hat sich orange gefärbt und wurde gegen später klarer und hat fast freie Sicht auf die Sterne gegeben. Faszinierend, wenn es es keine Luftverschmutzung gibt, was man alles sieht. Und im August gibt es zudem auch hier viele Sternschnuppen. Da ist es praktisch, wenn der Campingstuhl weit nach hinten geklappt werden kann und man nur noch da liegt und direkt in den Himmel schaut.
Freitag, 18.08.2023
Sollte jemand mal auf diesen Campground wollen, es gibt hier nur 20 reservierbare Plätze und die sind fast immer ausgebucht. Doch es gibt fast noch doppelt so viele Overflow Plätze, nur steht das nirgends. Also, immer schön im Hinterkopf behalten
Pünktlich um neun Uhr morgens hat der Wind wieder angefangen. Wir sind fast den ganzen Tag im Schatten des Nexxos in unseren Stühlen gehängt und haben einfach nichts gemacht. Fast nichts! Da man bei der Hitze (38 Grad) und dem Wind extrem austrocknet, sind wir immer wieder zu den Trinkwasser-Stationen gelaufen. Und da auch nichts tun hungrig macht, gab es eine neue Kreation zum Lunch … Hotdog-Bagel. Und dann haben wir auch gleich noch die Gegend erkundet. Am einen Ende des Campgrounds stehen vier Zelt-Hütten (oTENTik units), die alle Richtung Frenchman River ausgerichtet sind. Heute Morgen sind alle Gäste abgereist und so konnten wir die Terrassen der Hütten tagsüber etwas beschlagnahmen. Gleich daneben ist ein Steinring als archäologischer Fund markiert: ein Tipi-Ring. Hier haben die indigenen Völker auch schon gecampt. Selbst Sitting Bull campte schon am Frenchman River. Vom Aussichtspunkt mit einer Bank hat man einen tollen Blick über das grüne Tal und in der Ferne haben wir auch einen großen Bison-Bullen ganz allein in der Prärie stehen sehen. Wir haben ihn länger beobachtet und er kam auch mehr in unsere Richtung, doch irgendwann hat er dann auch Mittagspause gemacht und sich abgelegt. Gegen später habe ich auch noch eine kleine Herde mit fünf Bisons entdeckt. Mit dem Fernglas kann man sie gut beobachten, aber auf den Bildern sind sie nur schwarze Punkte in der Prärie. Also, selbst herkommen und erleben!
Nachmittags haben wir neue Nachbarn aus Regina bekommen: Sylvie & Daniele. Zwei ganz liebe und lustige Menschen. Die Beiden hatten schon bei der Anreise zum Campground eine kleine Herde Bisons auf dem Weg gehabt und Sylvie kam später um die Nexxo-Ecke gerannt und hat gerufen: „Nicole, the bisons!!!“ Als ich um die Ecke geschaut habe, sind da ungefähr 50 Bisons auf dem Hügelkamm aufgetaucht. Kurze Zeit später waren sie schon wieder „verschwunden“, um dann gleich wieder auf ihrem Weg Richtung Süden an einer anderen Stelle aufzutauchen. Das ist schon sehr beeindruckend wie diese Masse an Tieren durch die Prärie zieht. So schaut das alles friedlich aus, aber wenn die dann alle mal los galoppieren…
Unsere anderen Nachbarn schräg gegenüber hatten schon morgens mit dem Wind und ihrem Zelt zu kämpfen, haben es dann irgendwann am Campingtisch gesichert und sind wandern gegangen. Als sie am Nachmittag zurückkamen hatte der Wind das Zelt halb auf den Boden gedrückt und Ober- und Unterzelt voneinander getrennt. Stefans Rat das ganze Objekt zu drehen, da der Wind immer direkt in den Eingang bläst, wurde kurz familienintern besprochen. Gut eine halbe Stunde später saß die komplette Familie im Auto und das Zelt für 400 kanadische Dollar lag im Müll. Tja … Camping ist wohl nicht jedermanns Sache!
Nach dem Abendessen sind wir auf den anderen Hügel geklettert und haben einen phänomenalen Sonnenuntergang gehabt. Die obligatorischen Park Canada Red Chairs haben wir auch hier auf dem nächsten Hügel entdeckt. In dieser bizarren Landschaft schaut so ein Sonnenuntergang unwirklich aus, obwohl man doch tatsächlich dort steht und es erlebt! Gestern dachten wir noch, „was machen wir hier“, aber wenn man sich mal auf das hier eingelassen hat, ist es einfach nur faszinierend und fesselt!
Und dann wollten wir nur „kurz“ bei den Nachbarn zu Besuch vorbei gehen und schwups war der Abend rum. Wir hatten so viel zu quatschen und lachen. Nachdem plötzlich wieder Sturm aufkam, sind wir bei Sylvie & Daniele in den Trailer gesessen. Wir haben wieder viel über Kanada und seine Bewohner erfahren und am Ende des Abends hatten wir viele Tipps für lange langweilige Prärie-Fahrten. Man kann (Karaoke-)Singen, Antilopen-Zählen, Farmer Stories erfinden (der Farmer ist krank, sein Feld wird noch nicht geerntet oder er hat vergessen die Maschinen zu bestellen…), entgegenkommende Fahrer grüßen oder einfach einen 100$-Schein zwischen Daumen und Zeigefinger pressen und den Arm weit aus dem Fenster halten
Blöd ist nur, wenn man nachts um halb zwölf noch den Abwasch machen muss und der Wecker am nächsten Morgen um sechs Uhr klingeln wird. Und dabei hätte man heute noch ewig in den komplett klaren Sternenhimmel mit dem Milky Way starren können…
Samstag, 19.08.2023
Wir waren noch ungewollt etwas länger wach. Der Sturm hat so gerüttelt und vorsichtshalber ist Mann dann doch nochmal raus und hat die Stühle eingeräumt. Die waren kurz vor dem Abflug…
Heute Morgen sind wir pünktlich um sieben vom Platz gerollt und auf der Schotterpiste zum Parkeingang geholpert. Auf dem Weg dorthin haben wir Antilopen gesehen, Greater Sage Grouses (Beifußhühner) und nochmals zwei Bisons etwas abseits der Straße. In Dog Town war alles noch wie ausgestorben. Die Präriehunde haben wohl noch gepennt. Und was wir leider gar nicht gesehen haben: Burrowing Owls. Prärieeulen, die mit ihren markanten besonders langen Beinen auf dem Boden der Steppe leben.
Auf dem Highway #18 sind wir quer über Land gefahren und haben sämtliche Tipps für die Präriefahrt befolgt. Nur das mit dem 100$-Schein nicht. Wir hatten keinen! Irgendwann ging es auf die #13 – den Red Coat Trail. In Ogema haben wir Mittagspause bei Bud’s BBQ gemacht. Das war ein Tipp von Sylvie und der war es wert! Die machen um 11 Uhr auf und wir waren die ersten Gäste. Und nach uns hat sich der Laden in diesem gefühlt ausgestorbenen Ort ruckzuck gefüllt. Zur Verdauung haben wir noch die kleine alte Railway Station angeschaut. Ja, diese Railway verfolgt uns… oder wir sie!?
Entlang der Railway stehen in vielen Orten immer noch die alten Grain Elevators (Getreideheber) und teilweise wurden sie auch instant gehalten und werden immer noch genutzt. Klar, irgendwie muss das Getreide von oben in die Silos kommen.
In Weyburn haben wir einen Stop in einer Waschanlage gemacht, um die vielen Leichen vom Nexxo zu bekommen. Die Betreiberin hat die Hände über dem Kopf zusammen geschlagen, was gerade auf den Autos hängt und in ihren Abwasserschächten landet. Außerdem hat sie uns von den Bränden in Kelowna erzählt. Bereits gestern hatten Sylvie & Daniele davon berichtet und heute haben wir auch von Barbara & Michael Bilder bekommen. Der Blick von ihrer Terrasse schaut nicht mehr so gut aus Erst Donnerstag vor einer Woche waren wir noch in West-Kelowna und es hat in Strömen geschüttet… So schnell sieht die Welt anders aus!
In Carlyle kurz vor der Grenze zur Provinz Manitoba haben wir einen Coffee-Stop eingelegt. Hier waren heute die Crazy Days, ein Stadtfest, bei dem die ganze Umgebung auf den Beinen ist und die Hauptstraße belagert.
Übernachtet haben wir dann in Holland. Ja, tatsächlich Holland mit einer Windmühle. Die Gemeinde betreibt hier einen kleinen, gepflegten Campground am Ortsrand. Nachdem wir den ganzen Tag fast nur gesessen sind, haben wir auf der alten Pferderennbahn noch eine kleine Jogging-Runde gemacht und waren gerade wieder zurück als es dunkel wurde.
Sonntag, 20.08.2023
Fast hätten wir heute Morgen verschlafen. Der Wecker hat geklingelt, aber wir sind nochmals eingeschlafen… Dabei hatten wir mal ausnahmsweise einen Termin! Um halb zwölf im AppleStore im Polo Park Shopping Center in Winnipeg. Die Batterie vom Laptop ist komplett durch. Allerdings ist der Austausch mit der deutschen Tastatur (Batterie und Tastatur sind beim MacBook eine Einheit) hier nicht so einfach und dauert 5-7 Tage. Gut, so lange wollten wir dann doch nicht hier bleiben…
Anschließend sind wir an die „Waterfront“ in Winnipeg gefahren. Die Stelle, an der sich Red River und Assiniboine River treffen, genannt The Forks, war früher schon ein wichtiger Punkt für die First Nations und dann auch für die frühen Einwanderer und die Erschließung weiterer Gebiete Kanadas. Heute ist es von Parks Canada ein National Historic Site und ein schön angelegtes Freizeit- und Erholungsgebiet. Da Sonntag war, fand ein kleines Festival mit vielen Ständen, Spielen und Darbietungen statt und es war viel los. Ich hätte ja gern ein Foto von Stefan auf der Rückbank des Polizeiautos gemacht, aber das Erlebnis war eher für Kids gedacht.
Gleich zu Beginn waren wir im Forks Market essen. In einem alten Gebäudekomplex befinden sich in drei miteinander verbundenen Hallen sämtliche Anbieter von Essen, Getränken und Leckereien. In der Mitte gibt es genügend Tische für alle und man kann auch draußen in einem schön angelegten Bereich mit Blick auf den Fluss essen und trinken. Jeder holt sich etwas und findet dann wieder zusammen. Stefan hatte sich für einen Burger entschieden und ich hab mir bei der Tall Grass Prairie Bakery ein gesund belegtes Focaccia geholt. Und für später, weil es im Lonely Planet empfohlen und an der Kasse lag: wild rice bannock. Mal schauen, was das kann.
Trotz des schönen Wetters haben wir uns dann in das Canadian Museum for Human Rights aufgemacht. Sowohl das Thema Menschenrechte ist in diesem Museum extrem gut aufgearbeitet als auch das Museum an sich ist von der Architektur (Architekt Antoine Predock/USA) her sehr interessant. Über verschiedene Rampen arbeitet man sich in den Levels immer höher und jedes Level ist anders aufgebaut und teilweise blickt man gar nicht mehr durch, wo man genau ist. Die Rampen bieten immer wieder neue Ausblicke und auch Rückblicke in die bereits durchlaufenen Levels und man kommt auf den „leeren“ Wegen zwischen den teilweise schwierigen Themen wieder etwas runter bzw. zur Besinnung. Die Kanadier haben sich in diesem Museum nicht nur dem Thema Menschenrechte weltweit gestellt, sondern sind auch eigene Tabu-Themen wie Unterdrückung von japanischen und chinesischen Hilfsarbeitern und der Entzug indigener Kinder von ihren Eltern angegangen. Das Level 4 mit dem großen Bereich des Holocausts war für uns als Deutsche sehr bedrückend. Schon komisch, in einem anderen Land so viel über die Nazi-Zeit zu erfahren und deutsches Geschichtsmaterial zu sehen. Im Gegensatz zu den meisten anderen Besuchern konnten wir die Anzeigen, Protokolle, Aufrufe, etc. lesen und verstehen. Es wird alles sehr neutral und objektiv dargestellt und es wurde wohl auch in vielen Bereichen in den letzten Jahren „nachgearbeitet“. So ist der Holodomor (Ukraine 1932-33) und auch weitere weltweite Massenverbrechen in permanenten Ausstellungen zu finden. Da extrem viel Wissen gesammelt wurde, es viele Texte, Filme, Kunst und Berichte von Betroffenen gibt, könnte man hier tatsächlich Tage im Museum verbringen. Doch nach zwei Stunden hatten wir einen „overload“. Ich bin noch in den achten Stock hoch zur Aussichtsplattform gefahren und hab mir einen Rundumblick vom Israel Asper Tower auf Winnipeg gegönnt und dann sind wir zum Parkplatz zurück und auf Winnipegs extrem schlechten Straßen aus der Stadt gefahren. Das Museum und sein Inhalt haben uns noch länger beschäftigt.
Für unsere heutige Übernachtung haben wir den Rock Garden Campground in Richer ausgewählt. Dieser liegt nur ungefähr eine halbe Stunde östlich von Winnipeg und nur wenige Minuten vom TCH 1 entfernt. Trotzdem ist es hier schön ruhig und wir durften uns jeden freien Platz aussuchen – egal ob mit oder ohne Power. Es gibt sogar einen Pool und einen kleinen Minigolf-Platz, aber beides war noch voll in Beschlag genommen von anderen Gästen. Außerdem wurde es kühler und gegen später hat es auch angefangen zu regnen. Im Office, das gleichzeitig Rezeption, Shop und Küche ist, gibt es eine große Library und morgen früh ganz sicher für uns ein Frühstück.