Montag, 21.08.2023
Um neun Uhr standen wir beim Host in der Tür. Wir waren die Ersten und sie musste erst einmal das Licht anmachen. Dafür hatte sie während der Zubereitung unseres herzhaften Frühstücks viel Zeit zum Quatschen. In der kurzen Zeit haben wir viele Urlaubsbilder von Honduras gesehen und die halbe Familie kennengelernt. Das Frühstück war top und gute Freunde haben noch kanadischen Nudelsalat gebracht, den wir UUUUNBEDINGT probieren mussten.
So sind wir erst um halb elf vom Platz gerollt. Nicht dass wir irgendetwas vorhätten, aber wir sollten mal Kilometer machen und ein Stück weiter kommen. Ein richtiges Ziel hatten wir heute nicht und da wir uns auch unsicher waren mit der Route (#17 oder #71 & #11), sind wir in Kenora kurz ins Visitor Center am See gehüpft. Die Mädels meinten nur, dass wir bei beiden Routen eigentlich nur forest, rocks and lakes sehen werden und es egal wäre. Die #17 soll eine Stunde kürzer sein… Ok, dann die kürzere Variant von forest, rocks and lakes!
Und es war wirklich so. Es gibt kaum Dörfer, keine Städte, nur viel Wald, viele Felsen und wunderschöne kleine und große Seen. Das Ganze schaut bestimmt noch besser aus, wenn die Sonnen scheint und sich darin der Himmel oder die Wolken spiegeln. Bei uns hingen die Wolken sehr tief und alles war in ein trübes Licht gehüllt. Ich war immer wieder am Schauen, ob irgendwo ein Elch steht, aber ich konnten nichts entdecken. Bei den vielen Warnschildern und einer Umgebung wie in Schweden erwartet man eigentlich hinter jeder Ecke einen. Wobei die Warnschilder vorwiegend für nachts gelten. Hmm, vielleicht doch mal in der Dämmerung fahren!?
Nachmittags haben wir in Dryden einen Laundry-Stop eingelegt und hätten dort auch auf einem Campingplatz etwas bekommen. Doch die etwas stinkende Papierfabrik vor Ort hat uns abgeschreckt und so sind wir doch noch ein gutes Stück bis Ignace weiter gedüst. Naja, gedüst ist so eine Sache hier. Die erlaubte Maximalgeschwindigkeit beträgt 90 km/h auf dem Highway und so gondeln wir eher durch die Gegend. Wir werden immer wieder überholt – von Trailern, von Trucks, von Pickups und natürlich jedem anderen Auto 😆 Doch die Strafen sind hoch und wir wissen im Gegensatz zu den anderen, die hier Standard 10 km/h oder locker auch 20-30 km/h schneller fahren, nicht, wo der Sheriff lauert. Viel Polizei haben wir bisher noch nicht gesehen.
Unser heutiger Campground liegt im Sandbar Lake Provincial Park. Wir hatten noch eine große Auswahl auf diesem Platz direkt am See. Die einzelnen Plätze sind alle sehr großzügig im Wald verteilt, der erst direkt am See aufhört. In Europa hätte man vermutlich für die Plätze direkt am See alle Bäume gefällt, um eine gute Aussicht zu haben. Hier blieben alle Bäume stehen und es gibt einen kleinen Trampelpfad, der auf den großen Steinen am See endet. Da wir sowieso noch das Geld-Kuvert am Eingang einwerfen mussten, sind wir eine große Runde gelaufen um noch etwas Bewegung zu bekommen. Und dann war auch schon dunkel und es wurde kalt.
Dienstag, 22.08.2023
Auch heute war das Wetter nicht wirklich besser oder anders. Konstant 15 Grad, tiefhängende Wolken, trüb… OK, and again forest, rocks and lakes entlang unserer Route.
In Thunder Bay am Lake Superior wollten wir unserem Tag etwas Abwechslung gönnen. Die Stadt liegt ziemlich genau auf der Hälfte von Winnipeg nach Sault Ste Marie – in beide Richtungen sind es ca. 700 km. Eine ganz schöne Isolation! Vom Hillcrest Park hatten wir einen guten Blick auf die große Stadt, mit dem riesigen Hafen und auf den Lake Superior. 10% der Bevölkerung sind finnischer Abstammung und da das Hoito Restaurant im Lonely Planet als Original beschrieben wurde, wollten wir uns das im kulturellen Zentrum des historischen Finnish Labour Temple anschauen. Leider ist der komplette Tempel abgebrannt und das finnisches Restaurant mit ihm. Deshalb gab es nur einen kleinen Snack um die Ecke und dann ging es weiter.
Unterwegs hatten wir an einem Lookout ein paar Wohnmobile gesehen, die sich dort schon für die Nacht platziert hatten. Deshalb haben wir auf unserem weiteren Weg entlang des Lake Superiors immer wieder auch die Rest Areas und Lookouts auf dem Schirm gehabt. Wir hatten uns auch einen kleinen Campground direkt am Highway bei Schreiber angeschaut und sind auch noch zu dem komplett neu angelegten Schreiber Beach gefahren, wo laut iOverlander die Übernachtung auch OK war. Doch das hat alles noch nicht so richtig gepasst.
Beim Lookout kurz nach der Little Pic River Bridge und oberhalb des Neys Provincial Parks sind wir für uns fündig geworden. Ein schönes Plätzchen mit direktem Blick auf den Lake, der hier eher ausschaut wie ein Meer und auf die Canadian Pacific Railway, die uns spät am Abend noch mit einem Zug beglückt hat. Perfekt!
Der Lake Superior ist übrigens der größte Frischwasser-See unseres Planeten und hat sein eigenes Ökosystem und Mikroklima.
Mittwoch, 23.08.2023
Heute Morgen haben wir noch zwei weitere Züge „erlebt“. Wir haben mal gezählt: 2 Loks am Anfang, eine dazwischen und ganz hinten noch eine Lok für insgesamt 183 Waggons. Der Zug rollt eine Weile vorbei! Hier am Lookout hört man ihn schon vorab und kann dann beobachten wie er sich der Küste entlang unendlich um den Berg schlängelt.
Tja, was haben wir heute gesehen? Viel forest, rocks and lakes!? Ja, aber es gab auch ein paar Highlights! Im Lake Superior Provincial Park braucht man ein Permit, wenn man anhält. Da wir keine Wanderung oder längere Pause für diesen Abschnitt vorhatten, sind wir mit 90 km/h gemütlich durch getuckert und haben uns immer wieder an den überraschend schönen Ausblicken hinter Kurven oder Anhöhen erfreut. Ab und zu hat auch die Sonne raus gespickelt, aber es war einfach nur kalt und meistens bewölkt.
Da unser Brot über den Jordan gegangen ist, wollten wir an der Agawa Crafts Trading Post nach etwas Essbarem schauen. Es war auch groß als Camper Groceries ausgeschrieben. Aber außer vielen Souvenirs sind kaum Lebensmittel übrig geblieben. So sind wir schräg gegenüber am Agawa Fish & Chip Takeaway gelandet. Das war so unglaublich gut! Es gab White Fish aus dem Lake Superior (local freshly fished), der in riesigen großen Stücken (inkl. Haut) in einer nicht wirklich fettigen Panade serviert wurde. Wow!
Außerdem haben wir beim Quatschen mit der Besitzerin noch einen kleinen Tipp bekommen: in ein paar Kilometern befindet sich die Mitte des Trans-Canada-Highway. Gleich neben ein paar Falls steht dort eine kleine Markierung. Da haben wir natürlich kurz gestoppt.
In Sault Ste Marie sind wir zum National Historic Site von Parks Canada gefahren. Dort haben wir im Visitor Center von einer engagierten und sehr netten Rangerin eine tolle Übersicht und auch viele Fakten über das Kanalgebiet erhalten. Sie konnte uns auch viel über die amerikanische Seite erzählen. Die Grenze USA/Kanada verläuft hier am St Mary‘s River direkt in den Stromschellen. Jeweils links und rechts hat jedes Land seine Schleusenanlagen. Professionell und für die große Schifffahrt wird nur noch die amerikanische Schleuse genutzt. Die kanadische Schleuse wird vorwiegend von Ausflugsschiffen, kleinen Booten und Paddlern benutzt. 1895 war diese Schleuse jedoch die Längste auf der Welt und die Erste, die mit elektrischer Kraft betrieben wurde. Außerdem hatten sie auch eine Schwingbrücke mit einem Notfall-Damm, der die Schleuse bei einem Unfall vor großem Schaden schützen sollte. Und dieser Damm kam tatsächlich 1909 ein Mal zum Einsatz. Auf dem Gelände stehen noch viele schöne alte Gebäude. Das Power House soll in den nächsten Jahren wieder so weit restauriert werden, dass die Elektrizität für die kleine neue Schleuse in der großen Schleuse direkt vor Ort mit den alten Maschinen produziert werden kann. Wir haben uns diesen letzten Schwing-Notfall-Damm gleich neben der noch aktiven Schwing-Eisenbahnbrücke noch genauer angeschaut und dann hat uns aber das Shiiiit-Wetter zurück zum Parkplatz getrieben. Ach, da stand übrigens ein roter, alter VW-Buss mit BB-Kennzeichen als wir ankamen. Wir haben die Besitzer jedoch nirgends getroffen und bei unserer Rückkehr war er weg.
In ganz Kanada haben wir bisher überall Tim Horton‘s Filialen gesehen. Teilweise stehen die mit einem Abstand von 500 Metern an der Straße. Es gibt dort Kaffee, kleine Snacks, Doughnuts, Bagels… Heute haben wir das auch mal ausprobiert. Aber die kleinen Espresso-Buden mit Drive-Through im Westen waren viel besser und wir vermissen sie schon jetzt!
In Thessalon haben wir für heute auf dem Gemeinde-Campingplatz, dem Lakeside Park, direkt am Lake Huron einen Platz bekommen. Super schön mit direktem Blick auf den See, es gibt einen Sandstrand, der See ist nicht zu kalt…. Aber dieses Wetter! Immer noch konstant 15 Grad, tiefe Wolken und es schaut aus, als ob es noch regnen wird. Also nix mit „über die Straße rennen und in die Fluten stürzen“
Doch von einem kurzen Rundgang in Downtown Thessalon hat uns das Wetter nicht abgehalten. Wir waren kurz nach 18 Uhr unterwegs und Downtown war ausgestorben. Nicht einmal eine der sechs (!) Kirchen für die knapp 1.400 Einwohner wurde besucht Hier sind sie eben nicht mehr so busy wie im Westen, sondern Punkt sechs wird der Laden dicht gemacht und die Bordsteine werden hochgeklappt. Tja, da haben wir uns eben in den Nexxo zurück gezogen… Irgendwann müssen ja auch diese Texte und die Bilder gemacht werden.
Donnerstag, 24.08.2023
Zum trüben Wetter der letzten Tage kam heute auch noch immer wieder Regen dazu. Wenigstens verpassen wir so draußen während der vielen Kilometer Fahrt nicht viel. Ursprünglich hatten wir überlegt an den großen Seen in ein paar Provincial Parks (Killarney oder dann auch Algonquin) zu stoppen und wandern oder biken zu gehen, aber bei dem Wetter hat uns das nicht besonders gereizt.
So blieb es heute bei einem Stop in Sudbury für einen Einkauf. Irgendwie sind wir an den falschen Supermarkt geraten. Der Smith’s Market war eher ein Feinkostladen. Er hatte eine ausgezeichnete Frischfleisch-, Wurst- und Käsetheke und auch viele selbstgemachte Speisen zum Mitnehmen. Da ist doch auch gleich unser Mittagessen (Chicken & Rice) in den Einkaufswagen gesprungen. In Sturgeon Falls am Lake Nipissing (was ein lustiger Name!) haben wir in der Chez Jean-Marc Bakery süße Teilchen gekauft und weil es dort keinen Kaffee gab, sind wir beim nächsten McDonald‘s auf den Hof gefahren. Leider gab es keine Kaffee-Produkte mit Milch und deshalb wurde es wieder ein schwarzer Kaffee.
Eigentlich wollten wir am Lazy Rock Campground kurz vor Mattawa übernachten, aber nachdem es so geregnet hat, sind wir einfach weiter gefahren. Wir hatten noch einen anderen Campground im Auge, aber der war nicht erreichbar und hat sich auch nicht mehr auf unsere Mail gemeldet. Und so kam es zu unserem persönlichen Highlight des Tages… In Deep River sind wir nach einem iOverlander Tipp am Lamure Beach am Ottawa River auf den Parkplatz gefahren. Da stand auch schon ein Pickup mit Wohnwagen. Wir sind erst einmal ausgestiegen und haben kurz die Umgebung angeschaut und Stefan hat den Nexxo nochmal umgeparkt. In dem Moment kam ein Typ aus den öffentlichen Toiletten am Strand und ist zum Wohnwagen gelaufen. Ich dachte, den kenn ich doch! Auf dem vorderen Nummernschild stand aber was von Yukon. Nee, also doch nicht. Stefan hat die Scheibe runter gelassen und raus gerufen „das ist doch…“. Erst als der Typ mit einem jungen Hund aus dem Wohnwagen kam, waren wir uns sicher: das sind unsere Nachbarn vom Wilcox Campground im Jasper National Park!
War das eine Wiedersehensfreude – insbesondere beim Hund 😂 Wir konnten es alle kaum fassen, dass wir uns nach dieser Zeit am anderen Ende von Kanada in einem kleinen Dorf so zufällig treffen. Sie haben hier nur einen kleinen Stop für den Hund gemacht und wollten noch weiter Richtung Ottawa, damit es morgen nicht so weit bis nach Hause in Rosemere bei Montréal ist. Und dann haben wir festgestellt, dass wir in den letzten Wochen viele gleiche Destinationen hatten. Sie kamen wohl nur wenige Tage nach uns in Rossland an, waren in Fernie, sind entlang vom Lake Superior gefahren und waren gestern ebenfalls in Sault Ste Marie an den Schleusen.
Nun haben wir die Kontaktdaten von Kristian und eine Einladung für Montréal 😊 Doch zuerst wollen wir Carole und Brian besuchen. Wir haben sie 2016 auf unserem Australien-Trip in den Whitsundays kennen gelernt. Da das Wetter in Airlie Beach so schlecht war, hatten sie sich damals zwei Stunden vor Abfahrt für den gleichen Segeltörn entschieden, den wir schon vorab von Deutschland aus gebucht hatten. Wir hatten drei mega Tage gemeinsam auf dem kleinen Katamaran und wollen die beiden unbedingt treffen. Seit Anfang der Woche sind wir im regen Kontakt und haben einen Plan ausgetüftelt. Eigentlich wohnen die beiden in Casselman bei Ottawa. Im Sommer sind sie fast immer von Freitag- bis Dienstagabend im familieneigenen Cottage am Lake in Val-de-Bois. Wir besuchen sie nun zuerst im Cottage und dann fahren wir vielleicht noch mit nach Casselman.
Freitag, 25.08.2023
Die Nacht auf dem Parkplatz war sehr friedlich und heute Morgen haben wir gesehen, dass wir auch noch zwei Nachbarn hatten.
In Pembroke haben wir uns für das komplette Wochenende eingedeckt. Lebensmittel, Alkohol, Knabbersachen… alles was man so für eine gesellige Runde braucht. Eventuell kommt auch noch Matthew, der älteste Sohn von Carole und Brian, mit seiner Freundin zum Cottage. Wir sind sehr gespannt!
Da wir gefühlt die ganze Woche gefahren und nur gesessen sind, mussten wir uns aber davor noch etwas bewegen und „was tun“. Stefan hat mal nach Biken geschaut und in Trailforks ein nettes Gebiet am Mont-Sainte-Marie gefunden. In Pembroke sind wir deshalb nach knapp 2.000 km durch Ontario über den Ottawa River und in die Provinz Québec gefahren. Wow, waren das schlechte Straßen. Carole hatte uns schon vor einigen Straßen gewarnt und gemeint, dass wir vermutlich viele „bad words“ haben werden 🤣
Am Mont-Sainte-Marie ist ein kleines Skigebiet und im Sommer gibt es von Velo MSM das Angebot auf dem Parkplatz for free zu stehen und die Trails zu nutzen. Als wir ankamen, sind gerade drei Jungs zurück gekommen und die haben wir gleich interviewt. Natürlich kamen viele Fragen zu unserem Roadtrip und wie wir denn dann bitte diesen Ort hier gefunden hätten. Der ist nämlich ein kleiner Schatz! Wir haben uns kurz gestärkt, sind in die Bike-Klamotten gesprungen und den „Taylor‘s Tower of Power“ hoch geradelt. Das war eine ganz schön schwüle und schweißtreibende Angelegenheit! Doch immer wieder wurden wir durch kleine Kunstobjekte abgelenkt. Oben haben wir an einem Lookout ein Pärchen getroffen und er meinte, dass es vermutlich in 45 Minuten zu regnen anfangen wird. Da es sowieso schon ziemlich matschig auf den Trails war, haben wir auf weitere Kombinationen von Trails verzichtet und sind auf dem „Growler“ direkt runter zurück zum Parkplatz. Dort hatten wir uns gerade fertig eingerichtet als es angefangen hat zu regnen. Gutes Timing und immerhin sind wir heute etwas in Bewegung gewesen!